Longlist-Spekulationen – Die Wiederholungstäter

Longlist! Noch sind es fast zwei Monate, bis am 15. August die Liste mit den zwanzig Titeln der Longlist veröffentlicht wird. Bis dahin kann man nur spekulieren und genau das mache ich jetzt.

Deutschsprachige Romane, die zwischen Oktober 2016 und September 2017 veröffentlicht wurden oder werden, durften von Verlagen für den diesjährigen Deutschen Buchpreis vorgeschlagen werden. 106 Verlage sind diesem Aufruf gefolgt und haben insgesamt 174 Bücher eingereicht – ein ganz schöner Batzen, den die siebenköpfige Jury zu bewältigen, zu sichten, diskutieren und evaluieren hat.

Wenn meine Zählung stimmt (50-50), dann gibt es genau 21 Autoren, die dieses Mal als Wiederholungstäter infrage kämen, die also bereits ein- oder mehrfach nominiert waren. Zehn dieser möglichen Longlist-Kandidaten habe ich mir näher angeschaut.

Feridun Zaimoğlu – Evangelio (KiWi, März)

Achtung, Superwitz: Feridun Zaimoğlu ist der Leonardo DiCaprio des Deutschen Buchpreises, insgesamt viermal (2006, 2008, 2014, 2015) war er nominiert, doch nicht einmal für die Shortlist wollte es bisher reichen. Das könnte sich im Lutherjahr mit „Evangelio“ ändern. Immerhin: Auch Leos Arbeit wurden im letzten Jahr endlich gewürdigt.

Olga Grjasnova – Gott ist nicht schüchtern (Aufbau, März)

An Olga Grjasnova, die zusammen mit ihrer Lektorin von Hanser zu Aufbau wechselte, scheiden sich die Geister: Viele Kritiker lieben sie, nicht wenige strengt ihre Prosa aber an. Mit ihrem politischen wie gesellschaftlichen Roman „Gott ist nicht schüchtern“ über zwei syrische Flüchtlinge könnte sie durchaus den Nerv der Jury treffen. Es wäre nach 2012 ihr zweites Mal auf der Longlist.

Anke Stelling – Fürsorge (Verbrecher, März)

Zugegeben, auf meiner Liste kommen die Indie Verlage eher kurz – wobei das auf den Longlists nicht anders aussieht. Vor zwei Jahren war Anke Stelling mit „Bodentiefe Fenster“ bereits nominiert, mit „Fürsorge“, ebenfalls im Verbrecher Verlag erschienen, könnte es wieder klappen. In dem Roman erzählt sie von der Balletttänzerin Nadja, die sich erstmals mit ihrem 16jährigen Sohn auseinandersetzt, der bei ihrer Mutter aufwuchs.

Christine Wunnicke – Katie (Berenberg, März)

Blogs und Feuilletons sind sich einig: „Katie“ ist ein magisches Wunder. Christine Wunnicke entführt ins London des 19. Jahrhunderts. Medium Florence Cook, das „It-Girl“ (O-Ton Verlag) der Spiritisten spricht mit der zweihundert Jahre alten Katie. Bereits 2015 stand die Münchner Autorin auf der Longlist, für Berenberg würde es mich freuen, würde es wieder glücken.

Lena Gorelik – Mehr Schwarz als Lila (Rowohlt, Februar)

Allein der poetische Titel hätte es verdient, auf der Longlist zu landen. Auch für die Sankt Petersburgerin Lena Gorelik wäre es nach 2007 das zweite Mal. „Mehr Schwarz als Lila“ handelt von drei Jugendlichen, die sich ausgerechnet bei einem Klassenausflug nach Auschwitz mit ihren Freundschaften konfrontiert sehen.

Mariana Leky – Was man von hier aus sehen kann (DuMont, Juli)

2010 war Mariana Leky mit „Die Herrenausstatterin“ auf der Longlist, vielleicht gelingt es der Kölnerin mit ihrem vierten Roman erneut. Dieser handelt von Selma, die den Tod voraussehen kann: Erscheint ihr im Traum ein Okapi, stirbt am folgenden Tag ein Bewohner ihres Dorfes. Was macht man, wenn man weiß, dass man nur noch wenige Stunden zu leben hat? Mariana Leky sucht nach Antworten.

Lukas Bärfuss – Hagard (Wallstein, Februar)

Mit „Hagard“ war Lukas Bärfuss bereits für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert. Auch wenn es da nicht geklappt hat, könnte dies einem Sieg beim Deutschen Buchpreis trotzdem im Wege stehen. Auf der Longlist sehe ich ihn zum zweiten Mal nach 2008 (mit „Hundert Tage“) aber durchaus.

Doron Rabinovici – Die Außerirdischen (Suhrkamp, August)

Nachdem Doron Rabinovici in „Andernorts“, 2010 auf der Longlist, über seine beiden Heimatstädte Wien und Tel Aviv schrieb, wendet er sich in seinem neuen Roman – der Titel verrät es – fremden Welten zu. Darin erzählt er von dem Journalisten Sol, der auf der Spur von Außerirdischen ist. Die Aliens sind friedlich – bitten aber um „freiwillige“ Menschenopfer.

Jonas Lüscher – Kraft (Beck, Januar)

Mit „Frühling der Barbaren“ landete Lüscher 2013 auf der Longlist, „Kraft“ könnte ihn wieder dahin katapultieren. Der Schweizer Autor schreibt über einen Tübinger Professor namens Kraft, der im Silicon Valley landet – ein europäischer, trockener Intellektueller mitten im vor naivem Optimismus sprühenden Kalifornien.

John von Düffel – Klassenbuch (DuMont, März)

„Klassenbuch“, der Name ist Programm. Der Dramaturg und Schriftsteller John von Düffel widmet sich den verschiedenen Persönlichkeiten, die in einer Klasse zu finden sind. „Einige dieser Monologe sind so stark wie die feinsten Kurzgeschichten. Mit doppelten Böden und Beobachtungen, die einen ins Mark treffen“, sagt Spiegel Online dazu. Ob’s nach „Beste Jahre“ (2007) für die nächste Nominierung reicht?


5 Gedanken zu “Longlist-Spekulationen – Die Wiederholungstäter

  1. Spannend, ich werde das im Auge behalten. Letztes Jahr lag ich mit der Shortlist ziemlich gut und hatte vier der -titel richtig getippt. Longlist-Titel zu tippen ist aber ungemein schwerer. Schön, dass ihr Buchpreisblogger schon so dabei seid. viel Spaß! Herzliche Grüße von Petra

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