Es ist schon eine Weile her, seit wir mit der Beat Generation durch Mexiko-Stadt spazierten. Als die (Achtung, streitbare These) kulturell wie politisch wichtigste Stadt Lateinamerikas hat El D.F. aber mehr bekannte Besucher gehabt als Jack Kerouac, William S. Burroughs und Konsorten. Ein Gang von Süden nach Norden, der, ihr ahnt es, realistisch gesehen nicht an einem Tag gemacht werden kann.
Kaum ein Viertel ist pittoresker als Coyoacán und da wundert es nicht, dass diese Nachbarschaft viele Künstler anzog und heute noch anzieht. Das bekannteste Künstlerpaar ist ohne Frage Frida Kahlo und Diego Rivera, die fünfundzwanzig Jahre lang in der Casa Azul lebten. Vor allem Frida hat in den letzten Jahren in Mexiko eine neue, ungeahnte Popularität erreicht – auf entsprechende Warteschlangen muss man sich vor dem Casa Azul, heute ein Museum, gefasst machen. Tipp: Tickets online kaufen.
Ganz in der Nähe wohnte übrigens Leo Trotzki, der 1937 als politischer Dissident ins mexikanische Exil geflohen war. Stalins Agenten fanden ihn dennoch und ermordeten ihn 1940 in seinem Haus (heute ebenfalls ein Museum; auf dem Foto ist sein Arbeitszimmer zu sehen).
Die Colonia Condesa ist aufgrund ihrer vielen Buchhandlungen zu empfehlen, Neben den zahlreichen vollgestopften Antiquariaten wie diesem in der Calle Mazatlán, die in vielen Straßen des Viertels zu finden sind, hat auch die beliebte Cafebrería El Péndulo einen schönen Ableger in der Condesa (wobei ich jedem Besucher das Péndulo in Polanco empfehlen würde!). Einen Katzensprung von der beliebten Avenida Amsterdam entfernt ist im ersten Stock einer Bar außerdem Under The Volcano ansässig, benannt nach dem Mexiko-Roman von Malcolm Lowry, seit der Eröffnung 2011 die wohl wichtigste Adresse in El D.F., was englischsprachige Bücher betrifft.
In der angrenzenden Colonia Roma lebten, wie bereits erwähnt, die Beatniks, aber auch Autoren wie Fernando del Paso, der mit dem „Palinurus von Mexiko“ einen der wichtigsten Romane der mexikanischen Literatur geschrieben hat und erst kürzlich mit dem Premio Cervantes ausgezeichnet wurde.
Zu den wichtigsten Adressen der Stadt – obgleich herzlich wenig zu sehen ist – ist die Calle José de Emparán 49 in Tabacalera. Hier ist nämlich der Ort, an dem sich im Jahr 1955 (Trommelwirbel!) Che Guevara und Fidel Castro kennenlernten. Vorgestellt wurden sie einander von Raúl Castro.
Fünf Minuten entfernt liegt das Café La Habana – das sich auch heute kaum verändert hat – in dem die Castros und Guevara angeblich die Kubanische Revolution planten. Das Café hat weitere illustre Gäste zu vermelden: Octavio Paz ging hier ein und aus, Gabriel García Márquez soll Teile von „Hundert Jahre Einsamkeit“ in dem Café geschrieben haben und Roberto Bolaño war ebenfalls Stammgast – Szenen seiner „Wilden Detektive“ spielen im La Habana.
Der letzte Stopp auf der Tour führt uns in die Colonia Buenavista, in der die 2006 eröffnete Biblioteca Vasconcelos zu Hause ist. Schönheit liegt bekanntlich im Auge des Betrachters und im Vergleich zu anderen Bibliotheken ist die Vasconcelos nicht im konventionellen Sinne schön, einen Besuch wert ist sie mit ihrer außergewöhnlichen Architektur und monumentalen Größe allemal. Auf sage und schreibe 38.000 Quadratmetern (wobei der Bibliotheksgarten 26.000 davon umfasst) stehen 600.000 Medien zur Verfügung. Das alles hat seinen Preis: Der Bau der Vasconcelos kostete rund 67 Millionen Euro.