Bernhard Kegel – Ausgestorben, um zu bleiben

Es war längst überfällig: Für Erwachsene gab es bisher so gut wie keine Bücher über Dinosaurier und wenn, waren die Informationen heillos überholt. Zum Glück legt der Biologe Bernhard Kegel mit Ausgestorben, um zu bleiben einen exzellent recherchierten und eingängig geschriebenen Titel vor, der das Zeug zum Standardwerk hat.

Die Faszination für Dinosaurier ist und bleibt ungebrochen, wie nicht zuletzt der Film Jurassic World 2 beweist, der vergangenen Sommer im Kino lief – Fortsetzung folgt. Warum also gab es bis dato für Erwachsene keine Nachschlagewerke, die auf aktuellen Forschungserkenntnisse beruhen? Immerhin, so lernen wir von Bernhard Kegel, haben 85 Prozent der uns heute bekannten Dinosaurier ihren Namen erst nach 1990 erhalten. Kegel war es dann auch, der sich der Mammutaufgabe stellte, 200 Jahre Dinosaurierforschung in seinem exzellenten Buch Ausgestorben, um zu bleiben zusammenzufassen.

Es geht ihm, so betont der Autor gleich zu Beginn, nicht nur um die Naturwissenschaft, sondern auch um die Kultur. Schließlich ist es unsere popkulturelle Bildung, nicht zuletzt die Jurassic Park-Reihe oder auch der Zeichentrickfilm In einem Land vor unserer Zeit, die unser Dino-Bild nachhaltig geprägt hat. Doch was ist, wenn das, was wir bisher für sehr plausibel annahmen, gar nicht stimmt? Was ist, wenn Dinosaurier keine Echsen waren – sondern Vögel?

Bernhard Kegel, der zu unterschiedlichen biologischen Themen bereits Bücher veröffentlicht hat, liefert den Lesern zunächst einen historischen Abriss der Dino-Forschung. Und da ging es krimigleich heiß zur Sache: Aus Eitelkeiten bekriegten sich nicht wenige Forscher ihr Leben lang. Übrigens: Trotz dieser von Männern dominierten Wissenschaft war es mit Mary Anning ausgerechnet ein zwölfjähriges Mädchen, das 1811 das erste Wesen aus dem Urmeer entdeckte.

Locker und mit leisem Witz geschrieben vermittelt der Autor Dino-Fans und jenen, die es werden wollen, auf spielerische Weise sein wahnsinnig fundiertes Wissen, das mit zahlreichen Abbildungen, sowohl Zeichnungen als auch Fotos, visuell untermauert wird. Genau diese Bilder sind es auch, die deutlich zeigen, wie sehr sich die Vorstellung über das Aussehen von Dinosauriern im Laufe der Jahrzehnte gewandelt hat. Was als gesichert galt, wurde inzwischen überworfen. Mehrfach betont Bernhard Kegel, wie wahrscheinlich es ist, dass einige der größten und furchteinflößendsten Tiere, die unsere Erde je gesehen hat, gefiedert waren. Das mag nicht jedem schmecken. Denn, um es mit seinen Worten auszudrücken: Eine Rolle, die zuvor mit Arnold Schwarzenegger besetzt war, tauscht man äußerst ungern durch Otto Waalkes aus.

Ausgestorben, um zu bleiben ist ein großartiges Nachschlagewerk, das seinesgleichen sucht. Anschaulich beschreibt Kegel aktuelle Erkenntnisse und Strömungen der Dinosaurier-Forschung und versucht, Antworten auf offene Fragen über das urzeitliche Leben zu finden: Wie bewerkstelligten 80 Tonnen schwere Tiere die tägliche Nahrungsaufnahme? Waren Dinosaurier bunt? Wie konnte man sich – mit Verlaub – Dino-Kopulation vorstellen? Und bis zu welchem Alter lebten sie? Natürlich gibt es oft keine eindeutigen Antworten (wie auch?). Bernhard Kegel aber präsentiert den Lesern verschiedene Varianten, benennt die wahrscheinlichsten und beruft sich dabei auf die aktuellsten wissenschaftlichen Erkenntnisse. Da immer noch viele Fragen über die Urtiere offen sind, bleibt weiter spannend, was in Zukunft noch entdeckt werden wird. Dennoch ist erstaunlich, was Forscher bereits an Wissen zusammengetragen haben. Ausgestorben, um zu bleiben hilft den Überblick zu bewahren und macht neugierig auf mehr. Seien wir gespannt, ob sich eines Tages die federprächtigen Dinosaurier auch im Kino durchsetzen werden.

Diese Rezension wurde bereits im Magazin der Büchergilde Gutenberg veröffentlicht.

Bernhard Kegel – Ausgestorben, um zu bleiben
DuMont, Köln
April 2018, 257 Seiten


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