Verlage und Bookstagram Relations: Es knirscht gewaltig

Liebe Verlagsmitarbeiter:innen, dieser Post ist für euch. Damit wir alle auf dem gleichen Stand sind, zunächst dieser Text:

Wisst ihr, was mich ärgert? Die meisten Verlage – und hier sind primär, aber nicht ausschließlich, die großen gemeint – supporten Bookstagrammer:innen so gut wie gar nicht. Die Besprechungen werden nicht einmal kommentarlos in den Stories geteilt, geschweige denn im Feed repostet. Ich meine damit nicht die Posts wie etwa Foto plus „Guten Morgen!“ in der Caption, die keinen großen Mehrwert haben, sondern die, die sich eingehend mit dem Buch beschäftigen. Man mag an einer kurzen Instagram-Rezi nicht Stunden sitzen, aber dennoch investieren Bookstagrammer:innen viel Zeit in Foto-Arrangement und Kurz-Kritik. Seitens der Verlage wird das im Bestfall mit einem Like gewürdigt, und meistens nicht einmal das.

Es ist mir auch ein wenig schleierhaft, warum das so ist, schließlich haben fast alle Verlage eine oder mehrere Personen, die sich um die Bloggerbetreuung und/oder Social Media kümmern. Nicht einmal die Interviews, die ich mit Autor:innen führe, werden groß geteilt. Am Ende machen wir Werbung für die Bücher (und das gratis!), ohne dafür nur die geringste Anerkennung zu bekommen. Ich verstehe nach all den Jahren, in denen es immer wieder Diskussionen um die Wertschätzung von Blogger:innen gab (und ich dachte, diese Diskussion sei eigentlich abgeschlossen), nicht, warum sich immer noch so wenig geändert hat.

Ich schreibe im Blog und auf Instagram Texte, weil mir das Spaß macht – das heißt aber nicht, dass ich nicht gerne ein wenig Wertschätzung für diese Arbeit hätte. Und mir fällt das nicht nur bei meinen Posts auf (grob über den Daumen gepeilt wird eine von zehn Besprechungen geteilt, wenn überhaupt), sondern auch bei anderen Bookstagrammer:innen, deren Beiträge ich mit Gewinn lese, aber eben nur auf ihren Kanälen und nicht auf den Verlags-Accounts wiederfinde.

Das ist (minimal geändert) der Beitrag, den ich gestern auf Instagram gepostet habe. Daraufhin ist mein Handy explodiert. Die zahllosen Likes, Kommentare, geteilten Stories und privaten Nachrichten machten eins sehr, sehr deutlich: Mit diesem Frust stehe ich nicht alleine da, ganz im Gegenteil – es scheint fast allen Bookstagrammer:innen, die sich in der Belletristik bewegen, genauso zu gehen. „Du sprichst mir aus der Seele“ wurde oft geschrieben, und gerade die fehlende Wertschätzung für die investierte Zeit und Leidenschaft, die ich in meinem Ursprungs-Post auch artikuliere, gepaart mit dem Unverständnis darüber, warum Verlage sich diese kostenlose Werbung entgehen lassen, immer wieder erwähnt.

Ich möchte hier mit Nachdruck sagen: Es geht nicht um alle Verlage, man kann auch nicht sagen, dass alle kleinen diesbezüglich vorbildlich, alle großen es nicht wären, das ist nur eine Tendenz. Wir empfinden einen ganz allgemeinen Frust über die Situation, ohne diesen verallgemeinern zu wollen. Die Verlage sollten sich überlegen, was sie sein möchten: Ein rein informativer Account, also de facto ein Kanal, der lediglich Werbung für die eigenen Bücher macht – oder ein interaktiver Account, der auf die Leser:innen und Rezensent:innen eingeht. Letzteres bedeutet ja nicht, dass stupide jeder Beitrag, in dem der Verlag verlinkt wird, geteilt werden soll. Natürlich kann, muss!, eine Auswahl geschehen, alles andere käme Spam gleich. Ich persönlich fände es nicht schlimm, wenn nicht alle meiner Instagram-Rezensionen geteilt würden, solange ich den Eindruck hätte, es geschähe wenigstens hin und wieder, und dass auch die nicht geteilten Beiträge wahrgenommen würden. Den meisten Bookstagrammer:innen genügt mitunter ein Like oder eine andere kurze Reaktion auf den Post.

Hier ein Einblick in die Kommentare und Nachrichten, die ich erhalten habe – einschließlich einiger Nebendiskussionen –, so gut es geht absteigend nach Häufigkeit der Nennung beziehungsweise Dringlichkeit gelistet (es sei noch erwähnt, dass ich den meisten, aber nicht allen Punkten zustimme). Vieles davon sind natürlich keine gesicherten empirischen Erhebungen, sondern entspricht den subjektiven Wahrnehmungen der Kommentierenden. Aber auf genau die kommt es in diesem Fall auch an.

  • Die Wertschätzung als wichtiger Teil der Arbeit fehlt/gegenseitiger Support sieht anders aus
  • Zu wenig Freundlichkeit, allein ein Danke oder Like würde schon reichen
  • Unverständnis, dass viele Verlage sich nicht einmal die Mühe machen, einen Beitrag zu liken – sind wir zu unwichtig? Oder zu peinlich?
  • Unverständnis, warum Verlage diese kostenlose Werbung mit Mehrwert nicht nutzen/Posts also, die von Menschen auf Instagram geschrieben, von den Verlagen auf Instagram geteilt und von anderen Menschen auf Instagram gelesen werden (könnten) und somit auf demselben Medium bleiben/viele Follower:innen fänden gerade diesen Content interessant, der keine Verlagswerbung ist, sondern von einer Person kommt, mit der man sich identifizieren kann/Stichworte Vertrauen, Glaubwürdigkeit, verschenktes Potential
  • Nach wie vor wird nur das Feuilleton geteilt, gibt es einen Graben zwischen Journalist:innen und Blogger:innen/„alte Kulturelite“
  • Die (oben von mir erwähnte) Debatte ist überhaupt nicht geklärt, weil Verlage nie daran beteiligt waren/sie „bekennen“ sich nicht öffentlich, versorgen uns, kommunizieren mit uns, spannen uns für Kampagnen ein, wollen unseren Content aber nicht
  • Einige Verlage wurden als positives Beispiel hervorgehoben, oft Indies
  • „Professionalisierungsparadox“: Wo es Stellen für Blogger Relations gibt, wird nicht unbedingt professioneller mit Blogger:innen umgegangen
  • Kaufwünsche kommen oft durch die Rezensionen von Blogger:innen/Bookstagrammer:innen, nicht erst bei einer Beratung in der Buchhandlung
  • In viele Instagram-Beiträge werden Stunden investiert
  • Es werden nur die Beiträge großer Accounts (10k+) geteilt
  • Verlage setzen keine Menschen für Social Media ein, die sich damit wirklich auskennen, sondern etwa die Presseabteilung, die das zusätzlich zur Pressearbeit machen sollen
  • Verständnis für Vielfalt und Relevanz von Instagram fehlt, gerade, um bei junger Generation Begeisterung zu wecken
  • Verlage denken, Bookstagrammer:innen sollten froh sein, wenn sie ein Leseexemplar bekommen/Buchhändler:innen bekommen seltener Leseexemplare als Blogger:innen/Irritation, wie breitflächig Leseexemplare an Blogger:innen verteilt werden/Leseexemplare versauern in Buchhandlungen, während man als Blogger:in gezielt anfragt/Blogger:innen greifen zu viele Leseexemplare auf Buchmessen ab
  • Viele Verlags-Accounts sind langweilig, werden teilweise entfolgt/Bookstagram mehr Treffer, Inspiration als Verlags-Accounts
  • Autor:innen zeigen mehr Interesse als Verlage
  • Verständnis dafür, wie Verlage mit den Beiträgen umgehen, weil man sonst theoretisch alles teilen müsste/nur Sachen mit Mehrwert teilen, bitte/dass Verlage zu wenig reagieren oder reposten, passiert selten/schwierig für Verlage, in der Masse die guten Rezensionen zu filtern
  • Verlage sollten Kommunikationskonzepte haben
  • US- und UK-Verlage engagieren sich mehr als deutsche
  • Verlage mit großer Zahl an Follower:innen sind auf Bookstagrammer:innen nicht angewiesen, weil der eigene Beitrag genug Aufmerksamkeit generiert
  • Feedback gibt es zumeist, wenn man eine:n direkte:n Ansprechpartner:in im Verlag hat
  • Blogger:innen und Bookstagrammer:innen machen sich klein und unterschätzen ihren Werbewert
  • Mehr bezahlte Kooperationen erwünscht
  • Lust am Rezensieren geht verloren
  • Bei Anfrage von Leseexemplaren komplett kommentarlos Bücher zugeschickt zu bekommen ärgert
  • Unverständnis über die „unfreiwillig“ zugeschickten Bücher, die inhaltlich nicht passen
  • Sich überlegen, ob man auf die Verlage, die auf einen „verzichten“, ebenfalls verzichten kann
  • Blurb wurde für Buchrücken benutzt, ohne Kontakt seitens des Verlags und mit falsch geschriebenem Namen
  • Die Ankündigungen von Lesungen, die Buchhandlungen machen, werden nicht repostet

3 Gedanken zu “Verlage und Bookstagram Relations: Es knirscht gewaltig

  1. Ich habe einfach die Konsequenz gezogen, und die Kooperation mit den Verlagen eingestellt. Plus gleich das Blog nur noch auf Antrag zugänglich gemacht, da mir die rechtlichen Reglungen um das Bloggen zu heiß waren.

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  2. Den Anspruch, dass meine Beiträge geteilt werden habe ich schon lange nicht mehr. Habe mich vor lange Zeit mal gewundert, dass niemand auf meine Tweets reagiert, aber gut, nicht mein Problem. Die Bilder aus meinem Instafeed möchte ich gar nicht vom Verlag geteilt haben.
    Was mich allerdings wirklich nervt, sind Mails. Sowohl bei mehreren Indieverlagen als auch einem großen Verlag habe ich mehrere offene Mails in denen ich konkrete Fragen gestellt habe, auf die ich keine Antwort bekommen habe …

    Liebe Grüße
    Stephanie aka kleiner Komet

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